Sonntag, 1. September 2013

Bundesverwaltungsgericht: Kein Unterhaltsvorschuss bei anonymer Samenspende

Urteil des BVerwG vom 16.05.2013

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 16.05.2013 entschieden, dass ein Kind, dass von der Mutter über eine anonyme Samenspende im Ausland empfangen wurde, nach deutschem Recht keinen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss hat. Das Urteil findet man hier, die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts hier. Kommentiert wurde es bereits hier.

Geklagt hatte eine Frau, welche sich im Jahr 2005 in einer dänischen Samenbank mit Sperma eines anonymen, der Frau unbekannten Samenspenders künstlich befruchten ließ. Sie begehrte vom Land Baden-Württemberg Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.

Grundsätzlich dient das Gesetz dem Zweck, dem Kind einen Vorschuss auf den vom unterhaltspflichtigen Elternteil zu zahlenden Unterhalt zu gewähren. Leistungen, die die öffentliche Hand daraufhin gewährt, können anschließend vom Unterhaltspflichtigen zurückgefordert werden.

Wenn der Elternteil, bei dem das Kind lebt - meist die Mutter -, mit dem Unterhaltpflichtigen zusammenlebt oder sich weigert, bei der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken, besteht der Anspruch nicht, § 1 Absatz 3 UhVorschG. Das Bundesverwaltungsgericht fordert, dass der öffentlichen Hand potentiell die Möglichkeit  haben muss, den Unterhaltspflichtigen in Regress zu nehmen. Die Mutter hat hierbei gesteigerte Mitwirkungspflichten. Unter anderem das Verwaltungsgericht Aachen hat in einem öffentlich zugänglichen Urteil vom 13.03.2008 diese beispielhaft aufgeführt.

In der Praxis hat dies zur Folge, dass Frauen, die angeben, den Vater des Kindes nicht zu kennen, weil es im Rahmen eines One-Night-Stands empfangen wurde, Unterhalt nach dem UhVorschG erhalten. Nachprüfbar ist dies in der Regel nicht. Genderama berichtet hier und zitiert einen Artikel in der Berliner Morgenpost vom 01.09.2013.

Hätte die zuletzt vor dem Bundesverwaltungsgericht klagende Frau also nicht angegeben, sich in einer dänischen Samenbank befruchten haben zu lassen, sondern einfach nur behauptet, sie sei von einem ihr Unbekannten bei einem One-Night-Stand geschwängert worden, und dies einigermaßen glaubhaft dargestellt, hätte sie Unterhaltsvorschuss erhalten.

Anmerkung

Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist Folgendes anzumerken:
Das Urteil ist richtig. Die Mutter erhält für sich und ihr Kind bei entsprechender Bedürftigkeit Arbeitslosengeld 2. Weil die Leistungen für das Kind insoweit schon höher sind als das Kindergeld, und dieses auf das ALG 2 angerechnet wird, erhält die Mutter kein zusätzliches Kindergeld.

Es ist nicht einzusehen, warum eine Frau, die bewusst den Weg der künstlichen Befruchtung mit anonymen Spender in einer Samenbank wählt, stattdessen die höheren Leistungen nach dem UnVorschG erhalten soll. Leidtragender ist in jedem Fall das Kind, dass wahrscheinlich Zeit seines Lebens nicht erfahren wird, wer sein Vater ist. Dass der Samenspender aber möglicherweise ebenfalls Leidtragender des Verhaltens der Mutter sein kann, zeigt folgender Fall:

Urteil des OLG Hamm vom 06.02.2013

Wie wichtig dies ist, und welchen Stellenwert die Rechtsprechung dem Informationsrecht des Kindes beimisst, zeigt sich beispielsweise im Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 06.02.2013, in dem es den Arzt, der die Befruchtung mittels gespendetem Samen durchführte, dazu verurteilte, die Identität des Spenders preiszugeben.

Das OLG Hamm führt hierzu aus:


Könnte in dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 16.05.2013 entschiedenen Fall im Übrigen der Samenspender ausfindig gemacht und seine Vaterschaft festgestellt werden, würde er nach hier vertretener Auffassung auf den Kindesunterhalt haften. Soweit kein anderer Mann die Vaterschaft anerkannt hat, oder als Vater gilt, weil er mit der Kindsmutter im Zeitpunkt der Geburt verheiratet war, § 1592 BGB, wäre der Samenspender gemäß § 1592 Nr. 3 BGB i.V.m § 1600d BGB zum Kindesunterhalt gemäß § 1601 BGB verpflichtet.

Das Gesetz unterscheidet im Zusammenhang mit der Unterhaltspflicht für ein Kind nicht danach, wie ein Kind gezeugt wurde. Gemäß § 1614 Absatz 1 BGB kann nicht für die Zukunft auf Unterhalt verzichtet werden. Damit kann auch die Mutter im Rahmen eines Vertrages mit der Samenbank nicht auf die Ansprüche des Kindes auf Unterhalt verzichten.

Auch die Samenbank selbst kann im nicht vertraglich gegenüber dem Samenspender auf den Kindesunterhalt verzichten. Denkbar ist lediglich, dass sich der Samenbankbetreiber gegenüber dem Spender verpflichtet, ihn von Unterhaltspflichten freizustellen. Ob der Samenbankbetreiber nach Jahren aber überhaupt noch existiert oder zahlungsfähig ist, ist ungewiss, dieses Risiko trägt der Spender.


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